Mittwoch, 14. November 2018

Mittwoch















Träume sterben nicht..........

sie werden verdrängt, verschüttet,
lebendig begraben oder verschlissen,
bis sie ganz dünn sind und man
hindurchschauen kann,
als wären sie gar nicht da,
Träume sterben nicht,
wir stecken sie in Sachzwangsjacken
oder in Tagebücher,
mit einem Schloss davor;
dass sie nicht mehr heraus können
opfern sie der Vernunft; verleugnen
sie dreimal ehe der Hahn kräht;
aber Träume sterben nicht;
eines Tages klopft einer von ihnen
an unsere Tür; schmutzig; müde;
halb verhungert und wir erschrecken
wie einsam es war ohne sie ...



Mittwoch, 24. Oktober 2018

Der Wind





Der Wind singt heut' sein schaurig Lied;
und drängt sich durch alle Ritzen.
so mancher Heulton mit durchzieht
da lässt es sich im Zimmer gut sitzen.

Die Wolken treibt er vor sich her;
bestimmt das heutige Geschehen.
So wird es uns an manchem Tag
zu dieser Jahreszeit ergehen.

Nicht immer kann die Sonne scheinen;
ab und zu muss sie auch verschnaufen.
Selbst jedes Uhrwerk kann darum nicht
täglich unentwegt immer nur laufen.



Sera2012











Winters erste Wiegenlieder


Wenn schwarz und schwer in Dolden der Holunder hängt,
im Baum die meisten Äpfel rote Backen zeigen,
die Äste mit der süßen Last sich erdwärts neigen,
sehe ich den Sommer, der zu seinem Abschied drängt.

Der Stoppelacker fällt in braune Schollen,
die Buchen fangen an, sich einzufärben,
ganz langsam geht es an, das lange Sterben,
wenn glänzende Kastanien am Boden rollen.

Ein kühler Wind treibt erste gelbe Blätter nieder,
die Nacht verbirgt ihr kaltes Herz im Nebeldunst
und lange Schatten streiten mir der Sonne Gunst,
die Krähe schnarrt des Winters erste Wiegenlieder.


Sera2012


Mittwoch, 17. Oktober 2018

Herbsthauch





Herz,nun so alt und immer noch nicht klug,

hoffst du von Tag zu Tagen.

Was der blühende Frühling nicht trug,

werde der Herbst dir noch tragen.

Lässt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,

immerzu schmeicheln,zu kosen.

Rosen entfalten am Morgen ihren Strauch,

doch Abends vertreut er die Rosen.

Lässt doch der spielende Wind vom Strauch,

bis er ihn völlig gelichtet.

Alles,o Herz,ist ein Wind und ein Hauch,

was wir geliebt und gedichtet.


Friedrich Rückert




Montag, 8. Oktober 2018

Montag



Herbstserenade

Es blasst der Tag, es braut die Nacht,
Gewölk hüllt alles ein,
und finstrer wird der Schatten Macht -
und glühender die Pein.

Doch trägt zum Land des Glücks von hier
ein holder Wahn mich fort,
und mich bedünkt: es flüstert mir
dein Mund der Liebe Wort.

Es flieht die Nacht, es naht der Tag,
nur du, nur du kommst nicht -
und mich bedünkt: im Wetterschlag
erlosch das Tageslicht …

Im Graus der Nacht, im Sonnenschein
im Kampf und Weltgewühl
mein Licht, mein Glück bist du allein
und meines Lebens Ziel.

(Olga Nikolajewna Tschumina 1858-1909,
russische Dichterin)




Freitag, 5. Oktober 2018

Herbstzeit





Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!
Und wimmert auch einmal das Herz -
Stoß an und lass es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.
Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
wollen wir sie, mein wackerer Freund,
Genießen, ja genießen!




Theodor Storm 1817 - 1888

Donnerstag, 4. Oktober 2018

Die Zeit

So wandelt sie im ewig gleichen Kreise,
die Zeit nach ihrer alten Weise.

Auf ihrem Wege,taub und blind,
das unbefangne Menschenkind.

Erwartet stets vom nächsten Augenblick,
ein unverhofftes seltsam neues Glück.

Die Sonne geht und kehret wieder,
kommt Mond und sinkt die Nacht hernieder.

Die Stunden die Wochen abwärts leiten,
die Wochen bringen die Jahreszeiten.

Von außen nichts sich je erneuert,
in Dir trägst Du die wechselnde Zeit,
in Dir nur Glück und Bescheidenheit.

Johann Ludwig Tieck

Mittwoch

Träume sterben nicht.......... sie werden verdrängt, verschüttet, lebendig begraben oder verschlissen, bis s...